Das Barockorchester amici musici Gruppenfoto in der Adventskirche

„Oʼzupft is“

Datum
Zeit
Ort
Karte
15.05.2011
17:00
Adventskirche am Diakonissenhaus
Coerdestraße 56
48147 Münster

Barockmusik aus Bayern

Georg Muffat (1653-1704): Suite g-moll „Sperantis Gaudia“ (aus: „Florilegium primum“)
Ouverture – Balet – Bourrée – Rondeau – Gavotte – Menuet I. Menuet II

Evaristo Felice dallʼAbaco (1678-1742): Concerto G-Dur „Con il Violoncell obligato“, op. 5 No. 11
Vivace – Grave soli e piano – Allegro assai
Heinrich Rühe, Violoncello

Johann Jacob Schnell: (1687-1754): Parthia I D-Dur (aus „Kleine angenehme Tafel-Music“, op. 7)
Allegro – Cantabile – Menuet I. Menuet II

Benedikt Anton Aufschnaiter (1665-1742): Sonata S. Joannis (aus: „Dulcis fidium harmonia“, op. 4)
Pars I – Pars II

Evaristo Felice dallʼAbaco (1678-1742): Concerto C-Dur, op. 5 No. 5
Allegro.Grave.Allegro – Grave – Allegro assai – Rondeau: Allegro
Brigitte Heeke, Oboe, Christel Vockelmann, Violine

Rupert Ignaz Mayr (1642-1712): Suite No. 2 D-Dur (aus: „Pythagorische Schmids-Füncklein“)
Sonatina – Spagniolet – Courante – Menuet – Bourrée – Retirata – Gigue

Bayern ist ein relativer Begriff: Zwar waren alle Komponisten dieses Konzertes an Wirkungsstätten tätig, die heute auf bayerischem Territorium liegen, aber nur eine davon, nämlich München, gehörte seinerzeit zum damaligen Kurfürstentum Bayern. Alle anderen – Passau, Bamberg, Freising – waren eigenständige Fürstbistümer und wurden erst im Laufe der napoleonischen Neuordnung Europas am Anfang des 19. Jahrhunderts Teil des zum Königreich aufgewerteten Bayern – aber da war es mit der Barockmusik natürlich schon lange vorbei…

Georg Muffat ist vielleicht der bekannteste unter den hier vertretenen Komponisten. In Wechselwirkung mit Arcangelo Corelli hat er einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung des Concerto grosso gehabt und außerdem maßgeblich dazu beigetragen, die Orchestersuite nach französischem Vorbild im deutschsprachigen Raum populär zu machen. Deren Muster – eine Ouvertüre mit langsamer Einleitung und schnellem fugierten Mittelteil, der mehrere Tanzsätze folgen – ist auch im vorliegenden Fall mustergültig verwirklicht.

Der gebürtige Veroneser Evaristo Felice dall’Abaco ist viel herumgekommen: 1704 gelangt er an den Hof in München, doch schon bald darauf befindet er sich in Belgien und Frankreich, wohin es seinen Dienstherren, den bayerischen Kurfürsten, in den Wirren des Spanischen Erbfolgekrieges verschlägt. 1715, inzwischen Hofkapellmeister, kehrt dall’Abaco wieder nach München zurück, wo er bis zu seinem Tode bleibt. Aus seiner Sammlung op. 5 haben wir zwei Concerti ausgewählt: Bei dem ersten handelt es sich um ein veritables Cellokonzert, bei dem zweiten ist die Solistenrolle für die Oboe deutlich zurückhaltender ausgeprägt.

Johann Jacob Schnell stand sein ganzes Musikerleben in den Diensten des Bischofs von Bamberg (und ist als Oberfranke damit wohl nur sehr metaphorisch als Bayer zu bezeichnen…). Seine veröffentlichten Kompositionen wenden sich zumeist an den lukrativen Abnehmerkreis musizierender Dilettanten, auf die auch die kleine Besetzung zugeschnitten ist. „Typisch barock“ ist der Mehrzweckcharakter der Stücke, den der Komponist eigens vermerkt hat, indem er etwa ihre Verwendung als Epistelsonaten für den Gottesdienst, d.h. als Zwischenmusik nach der Lesung, vorschlägt.

Bevorzugt für den kirchlichen Gebrauch komponierte auch Benedict Anton Aufschnaiter – und handelt sich damit eine Rüge seines fürstbischöflichen (!) Arbeitgebers ein, er würde zu wenig weltliche Musik schreiben. Entsprechend haben wir auch ein Stück mit geistlichem Hintergrund ausgewählt, nämlich eine Sonate, die dem Evangelisten Johannes gewidmet ist. Entstanden ist dieses Werk vermutlich in Wien, wo Aufschnaiter wirkte, bevor er in Passau Muffats Nachfolger wurde.

Der einzige gebürtige Bayer unseres Programms ist Rupert Ignaz Mayr (sein Geburtsort Schärding liegt heute allerdings in Österreich…). Er war zunächst zeitgleich mit dall’Abaco in München tätig, zog es aber 1706 vor, die Anstellung zu wechseln und Hofkapellmeister beim Bischof von Freising zu werden. Die Suite D-Dur aus den „Pythagorische Schmids-Füncklein“ scheint es aber gleich nach Spanien zu ziehen – zumindest lassen das „Spagniolet“ und vielleicht auch der mit „Retirata“ überschriebene Satz darauf schließen, den wir als den Vorbeimarsch einer Wachablösung (wörtlich „Rückzug“ oder „Abzug“) interpretieren. gmk


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