Ein „gemischtes Doppel“ kennt man für gewöhnlich aus dem Tennis – oder auch als die beliebten Wortspiele aus der Süddeutschen Zeitung („Gehsteige – Stehgeige“)… Wir hingegen haben diesen Titel als Anreiz genommen, uns in der Barockmusik einmal nach gemischten Zweierkombinationen umzusehen – mit den Ergebnissen, die wir im heutigen Konzert vorstellen möchten.
In gewisser Weise geht es schon zu Beginn am ambitioniertesten los, stehen sich doch in der Canzon „im zwölften Ton“ von Giovanni Gabrieli gleich zwei verschiedene „Orchester“ – eine Streicher- und eine Holzbläsergruppe – in einem musikalischen Dialog gegenüber; dabei wechselt zudem das Metrum stetig von einem geraden Takt zu einem Dreierrhythmus. Das Stück ist ein Beispiel für die mehrchörige Musik, mit denen der Venezianer an seinen Wirkorten (z.B. der Basilika San Marco) den kirchlichen Festen einen prunkvollen Rahmen verlieh. Man muss allerdings zugeben, dass Gabrieli noch nicht eigentlich zur Barockmusik zählt – auch wenn er (z.B. als zeitweiliger Lehrer von Heinrich Schütz) wenigstens an der Schwelle dieser Epoche steht.
Aus der österreichischen Tradition virtuoser Violinisten (deren bekanntester Vertreter Heinrich Ignaz Franz Biber ist) stammt der Benediktinermönch Romanus Weichlein, der vor allem in Salzburg und in Südtirol gewirkt hat. Die Sonata I aus seiner ersten gedruckten Kompositionssammlung bringt sogar drei (allerdings jeweils gleiche) Paare in ein konzertantes Wechselspiel: erste und zweite Violinen, zwei Gamben und zwei Oboen (dazu kommt natürlich der Generalbass). Zwischen dem toccaten- oder fanfarenähnlichen Beginn und einem auf reine Klangwirkung bedachten, etwas „auf der Stelle tretenden“ Schluss steht als Zentrum des Stückes ein langer Variationssatz über einem basso ostinato, einer unablässig wiederholten Bassfigur.
Gleich mit zwei Werken vertreten ist Johann Friedrich Fasch. Nach intensiver musikalischer Ausbildung schon in frühen Kinderjahren und Studienaufenthalten in verschiedensten Städten fand er schließlich 1722 am Hof von Anhalt-Zerbst eine Anstellung als Kapellmeister, die er bis zu seinem Lebensende innehatte. Von dort aus pflegte er engen Kontakt zu den musikalischen Größen seiner Zeit, unter anderem in der damaligen Musikmetropole Dresden. Zu Lebzeiten hoch angesehen geriet er nach seinem Tode bald in Vergessenheit und wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Musikwissenschaftler Hugo Riemann wiederentdeckt, der in ihm einen „Bahnbrecher“ für den Übergang vom Barock zur Klassik sah. So „fortschrittlich“ sind die hier von uns gespielten Concerti wohl nicht, denn sie halten sich noch erkennbar an die konventionelle Ritornellform, in der Orchesterzwischenspiele und Solopassagen deutlich voneinander getrennt sind. Doch gereicht das den schmissigen Außensätzen und den schwelgenden Mittelsätzen keineswegs zum Nachteil!
Die beiden Werke von Fasch umrahmen ein eher ungewöhnliches Stück unseres „Hauskomponisten“ Georg Philipp Telemann. Das gilt schon für die Besetzung, die zusätzlich zur bereits recht ausgefallenen Kombination von Blockflöte und Gambe „ad libitum“ (also nach Belieben) noch einen Zink, Oboen und Posaunen vorsieht – wir haben uns allerdings für die unseren Ressourcen angemessene „intimere“ Variante entschieden. Ungewöhnlich ist auch die Machart der Sinfonia, die vor allem in den beiden Ecksätzen ein eher „altmodischer“ polyphon-fugierter Stil prägt.
Zum Schluss unseres Konzertes kehren wir nach Venedig zurück: Dessen berühmter Sohn, Antonio Vivaldi, musste sich lange gegen das von Igor Strawinsky geprägte Vorurteil behaupten, er hätte „ein und dasselbe Konzert sechshundertmal hintereinander komponiert“. Offenbar hat Strawinsky das Concerto e-moll nicht gekannt, sonst wäre er mit seinem Urteil vorsichtiger gewesen: Statt mit dem üblichen Orchesterritornell beginnt das Konzert mit einem gemessenen Solorezitativ des Cellos, das immer wieder von schnellen Tuttieinwürfen unterbrochen wird; der nächste Satz wiederholt dann das gleiche Prinzip, nur mit umgekehrten Tempovorzeichen – erst der Schlusssatz kehrt zur gewohnten Form zurück. Auch wenn es sich hier eigentlich um ein echtes Cellokonzert handelt (zu dessen Etablierung Vivaldi übrigens maßgeblich beigetragen hat), ist das Werk in unserem Programm keineswegs fehl am Platze; denn Vivaldi stellt dem Solocello explizit das Fagott als Bassfundament zur Seite, so dass die beiden durchaus als „gemischtes Doppel“ agieren. gmk